ELEMENTS

Auslegeware


 Aldi Kasse


Das schönste Erlebnis im Leben ist der Besuch eines Restaurants. Gefolgt von einem Urlaub weit weg. Immer wenn Zucchini und Paprikamix immer und immer wieder als heiliger Geist, symbolisiert in weißen Tauben am blauen Sonnenhimmel, das Band passieren, eingebettet von Joghurt, Schokolade, Blumenerde und Spanngurten, denke ich an das Kompositum "Handlungsbedarf" und schaue auf das Internetbild von Gott in Gestalt eines alten Mannes mit langem Bart, der oben auf der Jakobsleiter sitzt. Das Wort "Handlungsbedarf" besteht aus zwei substantivierten Verben mit einem Suffix und einem Präfix und eröffnet ungeahnte Welten: Es beantwortet die Frage, warum die Heilslehren der Religionen so aggressiv und brutal sind und Jesus Christus ans Kreuz genagelt qualvoll sterben musste.

 

 

Mehr Info


Schweizkonferenz

Der Handkuss - nie unter freiem Himmel

Männer tragen bei einer Beerdigung dunkle Anzüge und schwarze Krawatten. Auf dem Tisch liegen die Messer rechts und die Gabeln links. Zum Handkuss beugt sich der Herr ruhig über die ihm dargereichte Hand. Ausnahme: der Löffel für die Suppe hat kein Gegenüber und liegt rechts. Die Witwe trägt einen Witwenschleier.  Der Herr nimmt die dargereichte Hand ohne Druck zart an den Fingergelenken. Wer den Toten nur flüchtig kannte, sollte werder Blumen noch Kränze schicken. Das Besteck für das Dessert liegt über dem Teller. Jetzt hebt der Herr die Hand leicht an ohne sie abzubiegen und berührt sie an den Handwurzeln oder dem Handrücken. Blumen sind ohne Papier zu verschenken und das Käsebesteck wird zusammen mit der Käseplatte gereicht. Der Herr berührt also die Hand mit geschlossenen Lippen leicht und lautlos. Neben Suppenlöffel, Messer, Gabel, Teelöfel und Eierlöffel sollten Austerngabel, Hummergabel, Hummerzange, Krebsmesser, Schneckenzange, Schneckengabel, Schneckenlöffel, Kaviarlöffel (aus Horn) nicht fehlen. Eine Verspätung bei wichtigen Anlässen kann uns zum Verhängnis werden oder uns wenigstens in eine Unangenehme Lage bringen. Die Hand langsam freigebend richtet sich der Herr wieder auf und schaut die Dame verbindlich an. Der Handkuss sollte nie unter freiem Himmel stattfinden. 

 

 

Mehr Info


Seifenoper

Das Leben des anderen Ich eins

In der Schlüsselszene meines Lebens kniee ich mit Purpurmantel und Lorbeerkranz oder in exotischen Gewändern gekleidet, einen Turban oder Federschmuck auf dem Kopf, mitten im Bürgerkrieg und bei chronischem Geldmangel zwischen wüsten Ausschweifungen und strengen Exerzitien hin und her schwankend im Nimbus einer Jungfrau mit dem Kind und führe einen Zahnstocher aus Gold zum Mund, während ich die üblichen biblischen Wunder vollbringe. Für weibliche Reize anfällig sitzen zu meinen Füßen drei liebkosende fast nackte Grazien, während ich zum Nachtisch mythologisch gestaltetes Zuckerwerk verzehre und den Abstand der Brüste zum Nabel und vom Nabel bis zur Gabelung der Beine betrachte. „Der König trinkt!“ ruft die Tischgesellschaft in meinem Gottesregiment , wenn ich den Kelch mit der Milch der Unsterblichkeit an die Lippen führe und alle leeren die Gläser. Für die praktische Umsetzung meines Geburtstagsfestes beschäftige ich alljährlich ganze Teams von Künstlern monatelang, im Mysterienspiel ist meine Menschwerdung und Geburt als Heiland und Erlöser der dramatische Höhepunkt. Das gewöhnliche Leben verachtend und das Außergewöhnliche liebend schweben ungeniert Engel und Heilige über mir, dem Gottvater, Wolken tragende Putten reiten auf Delphinen. Durch den elitären Geschmack an Verschlüsselungen und geheimen Bezügen sind alle meine Beschäftigungen immer die gleichen, sie schreiten so gleichmäßig voran, dass ich Tag für Tag weiß,was ich mein ganzes Leben tun werde.


 

Mehr Info


Kunsttransport

Inventarliste

Colaflasche Nagel Erdöl Leuchtschrift Zelt Sitzschemel Suppendose Sonnenblumenkern Zahn Flokati Kohlensack Dollarnote Salami Stoffballen Seil Haifisch Flaschentrockner toter Hase Totenschädel mit Diamanten Brillokarton Margarine Filz Blei Fell Feder Glasscherben Urinal Opel Kapitän Klavier Monitor Blut Plastikbesteck Menschenblut Metronom Kabelbinder Fön Säge Lebensmittel Baum Mensch Gewehr Reiskorn Koyote Elektrizität Schamhaar Badewanne Text Elefantendung Mausefalle Seife Kruzifix Stacheldracht 


 

Mehr Info


Digitaler Wandel

Laufzeitfehler 14.11.1716

Durch Angabe meines Namens und einer aktuellen Parameterliste könnte ich eine Prozedur aufrufen und einer Menge ein Element hinzufügen. Aber nur, wenn der Ausdruck wahr oder falsch ist, wird meine Anweisung ausgeführt und das Programm mit Parametern aufgerufen, initialisiert und zur Verfügung gestellt. Die Real-Zahl wird durch das Weglassen der Nachkommastellen umgewandelt zu einer Ganzzahl mit einem Datensatz einer bestimmten Anzahl von Komponenten verschiedenen Typs. Nur mittels der Speicheradresse eines anderen Objekts läßt sich dann der Zufallsgenerator im Sinne der Fließkommaschreibweise initialisieren für die Rückgabe einer aktuellen Position in einer Datei zum Öffnen der bestehenden Datei. Operatoren vergleichen dann zwei Ausdrücke miteinander und liefern ein Ergebnis, das wahr oder falsch ist. Die Anweisungen werden so lange wiederholt, bis sie wahr werden, um dann zu überprüfen, ob sich zwischen der aktuellen Position und dem Dateiende noch Daten befinden zum Verlassen eines Blockes im Hauptprogramm. Alle nachfolgenden Zeichen rollen um eine Zeile nach oben und löschen die Zeichen, in denen sich der Cursor befindet.. Entfernt man jetzt ein Element aus der Menge, um alle Datensätze zu löschen und das Programm abzubrechen, beginnt und endet die Rückgabe der Zeit und des Datum in der Zeit, schließt die Anwendung und kehrt in den Textmodus zurück. Das Dateiende ist quasi erreicht und ich kann das aktuelle Zeitfenster löschen.


 

Mehr Info


Albrecht Dürer lebt

Chronik und Orte der Ereignisse

Nachdem er sich am 19. März 1779 frei von Dienstgeschäften gehalten hatte, ist er am 5. September 1776 mit Jakob Michael Reinhold Lenz von Kranichfeld nach Bad Berka geritten, um sich auf dem Spaziergang nach dem Schloßberg am 7. September 1817 mit Dreyßig über Blumenzucht zu unterhalten. Der bekannte Liebesbrief an Charlotte vom 6. Dezember 1775 wurde nochmals durch den Tagebucheintrag in Großkochberg am 27. August 1777 erneuert, indem er über ein wohltuendes Zusammensein mit der Geliebten einen Tag vor seinem Geburtstag schreibt. Wenn er seiner Geliebten gegenüber am 4. Oktober und am 5. November 1780 beteuert, er sei noch ganz Derselbe, womit nicht nur die persönliche Identität bezeugt werden sollte, sondern die unveränderte Gesinnung, die Treue und Ergebenheit der Liebe - ebenfalls in Großkochberg, so korrespondiert dies mit dem Zusammensein mit seinem mineralogisch interessierten Sohn August am 30. Oktober 1812. Hier hatte er in Bad Berka die Schwefelquellen besichtigt und berochen, wie er ja auch am 7. Januar 1831 ein merkwürdiges Nordlicht bei sehr hohem Barometerstand 28“3“`erblickt hatte. Schon auf der Reise in die Rhein Main Gegend hatte er am 15. Juli 1814 bei Erfurt die sich senkenden Nebel der frühen Morgenstunden erblickt, später dann links und rechts der Straße blühende Blumenfelder. Endlich dann am 16. Dezember1827 „wurden der Schädel und die Gebeine Schillers, nachdem man sie aus dem Moder des Kassengewölbes herausgesucht und ein Jahr lang in der großherzoglichen Bibliothek aufbewahrt hatte, in der Gruft beigesetzt.“ Sein Tagebucheintrag am 10. Oktober 1780 bezüglich der Geliebten lautet: „Was sie mir heute früh zuletzt sagten, hat mich sehr geschmerzt.“Und so schrieb er am 3. September 1783 das Gedicht „Ilmenau“ in Ilmenau zum 29. Geburtstag von Karl August, dessen Gattin Herzogin Luise am 9. Juli 1778 in Weimar ihren Namenstag feierte, mit ihm selber als maitre de plaisirs.


(nach:Wolfgang Vulpius, Goethe in Thüringen. Stätten seines Lebens und Wirkens, Rudolstadt, 2. Aufl. 1990)



Mehr Info


Himmelsleiter

Das jüngste Gericht

An diesem Tag richte ich mich auf ein Signal hin auf. Mit silbernen Haaren entsteige ich vorsichtig dem Grab. Sofort fällt mir ein: Jetzt muss ich mich dem Untersuchungsrichter stellen. Dieser sitzt in bronzefarbenen Robe mit ungerührter Miene auf einem Biedermeiersofa - im Hintergrund links eine Lilie und rechts ein rotglühendes Schwert. Neben ihm sitzen scheinbar quotengemäß ein weiblicher und ein männlicher

Fürsprecher. Ich stelle mich mit meinem Katalog von Delikten mit den anderen Delinquenten in eine Warteschlange und blicke auf den Amtsdiener, der alle Wartenden mit einer Seelenwaage zu wiegen hat. Gewicht hat nur der Erfolgreiche und Verdienstvolle. Bewegt sich die Waagschale nach unten, darf die Seele als junger Mann mit dichten schwarzen Locken – begleitet von Harfen, Lauten und Posaunen spielenden Assistentinnen in türkis, rosa, orange und lindgrün leuchtenden Gewändern – das Tor zum Paradies und ewigen Leben und Glückseligkeit nackt in großer Ruhe durchschreiten. Habe ich aber versagt und nichts erreicht, und in meinem Leben überwiegen nutzlose Taten, und ich werde als zu leicht befunden, schwingt die Waagschale nach oben, und ich finde eine ewige Verdammung entrinnungslos im lodernden Höllenfeuer. Hier herrscht nacktes Entsetzen, tiefe Verzweiflung und stumme Resignation. Uniformierte Handlanger stürzen mich, zu den Kommentaren von skrupellosen Moderatoren, ohne Zwischenstop in die langweiligste Gewöhnlichkeit und schmerzhafteste Blödheit.




Mehr Info


Schneewittchen

Das Narrenschiff. Kurze Version. Momentaufnahme.

Zunächst ist unklar

In welche Richtung

Sich das Schiff bewegt

Die lärmende Gesellschaft

Ist für das kleine Boot

Deutlich zu groß

Gott führt Eva

An der Hand zu Adam

Dieser wirkt überrascht

Eine Katze hat eine Beute im Maul

Ein Löwe zerfleischt eine Hirschkuh

Eine Eule lauert auf eine Kohlmeise

Die sich keines Unheils bewußt ist

Dann blickt sie unheilverkündend

Auf das wackelige Boot

Irgendwie treibt es

Seinem Untergang entgegen

Maria sitzt in einer Ruine

Mit dem Christuskind auf dem Schoß

Dieses Kind wird später

Als Lamm Gottes

Die Sünde der Welt hinweg nehmen

Indes das Boot

Steuerlos Richtung Hölle treibt




Mehr Info


Kopierschutz

Auch Sterne besitzen kein ewiges Leben

Auch Sterne besitzen kein ewiges Leben

Zwar sprengt ihre Lebenserwartung

Alle menschliche Vorstellungskraft

Aber am Ende

Sind selbst die Energievorräte

Eines noch so massereichen Sterns

Ausgeschöpft

Dann kommen die Kernumwandlungsprozesse im Innern

Zum Erliegen

Und die zuvor

Sonnenähnlich leuchtende Glaskugel

Gerät

Aus dem zeitlebens mühsam

Aufrechterhaltenen Gleichgewichtszustand

Besonders massereiche Sterne

Stürzen dann

Unter ihrer gewaltigen Eigenanziehung

Kollapsartig

In sich zusammen

Und setzen dabei

Kurzzeitig

Noch einmal

Soviel Energie frei

Dass sie

Vorübergehend

Heller leuchten

Als eine ganze Galaxie




Mehr Info


Friedhof

Überlebensgroßes Stilleben mit Fremdkörper

Tags von Spinnweben blinde Fenster im Gegenlicht des schwarz sich ab-

zeichnenden Fensterkreuzes unverrückbar wie in einer Momentaufnahme

in vollkommener Bewegungslosigkeit im Geruch verstaubter unbewegter

Luft namenlos und wie ausgelöscht und ins Grab gelegt Indizien eines ganz persönlichen Lebenstraums und Schicksals abgeschieden von der Welt mit Geschichten die einem unausgesprochenem Leben gehören in Ewigkeit gefangen eine Zeitinsel an deren Ort die Bewegungen der Welt nicht mehr registriert werden vertrocknete Blumenstöcke an die Wand gelehnte Gartengeräte seit Jahren unbenutzt rostige Nägel schmutzige Lappen abgetragene Kleidungsstücke meterhohe Stöße alter Zeitungen ein verstaubter Strohhut die Bücherregale stehen leer und die Stille ist groß der größte Teil der Zeit vergeht wenn man ein sonnenbeschienenes altes Gemäuer betrachtet auf dem sanften schwermütigen Horizont liegt dann der Blick von Jahrhunderten und die lebenslangen Träume treten im permanenten Ausnahmezustand ohne Hoffnung auf Normalisierung in die unwiderrufliche Gewißheit des Scheiterns ohne jede Notwendigkeit der Mitteilung


(nach: Kurt Benning, Burgtreswitzmensch 1969 – 2016)


Mehr Info

Resteküche

Reisebesteck, bestehend aus Messer, Gabel und Löffel


Das Opernglas auf dem Stehpult aus Goethes Gartenhaus stammt aus dem Nachlass von Heinrich Heines Witwe Augustine Crescence Mirat, ebenfalls die sehr fein auf einem Oval gemalte französische Elfenbeinminiatur mit dem Brustbild der Madame de Sévigné und die handsignierte kleine Porträtskizze von Ottmar Begas, die Enrico Caruso 1910 selbst angefertigt hat und feinsäuberlich hinter einem signierten Originalfoto von sich jahrzehntelang in ihrem Versteck schlummerte. Der Birnbaum gebeizte Schreibsekretär, einem Geschenk Goethes an Charlotte von Stein, enthält den Brief Susette Gontards an Friedrich Hölderlin vom 12.März 1799: „Dein lieber Brief, und Dein Wunsch, gab mir gestern den Gedanken Dir auch eine Art Tagebuch zu schreiben, wenn ich es nur ausführen könnte. Ich bin nur so wenig ungestört, wenn ich es verstohlen tun muss, ist eine Art von Angst in mir, die mich hindert, die rechten Worte zu finden, so oft werde ich aus meinen Gedanken gerissen und werde dann leicht verdrüßlich...“. Oben auf dem Sekretär liegen die 9 Bände der Südamerikanischen Reisejournale Alexander von Humboldts und dessen überarbeitetes Diktat zur Geschichte der Weltansicht. Auf der klapp- und höhenverstellbaren Schreibplatte von Goethes Stehpult steht im Holzrahmen eine Federzeichnung Immanuel Kants, 1801 in Königsberg von Friedrich Hagemann gezeichnet. Die Zeichnung gibt eine rührende Vorstellung von der Körperbeschaffenheit des alten Kant: Er steht mit leicht vorgestelltem rechten Bein und hält mit der linken Hand einen Mörser, die Funktion der anderen Hand bleibt ungewiss. Der Kopf neigt sich tief nach vornüber. Angelehnt an den Schreibsekretär steht die Aktentasche aus

Krokodilleder mit Goldverschluss vom Hermès, von John F. Kennedy in den 40er Jahren in England gekauft. John F. Kennedy trug diese Tasche auch bei seiner Ermordung am 22.11.1963 in Dallas bei sich. 2004 ersteigerte ein Unbekannter die Tasche für 700.000 Dollar.


Mehr Info